Proust lesen

Pünktlich zu den beiden Proustjahren – dem 150. Geburtstag im Jahr 2021 und dem 100-jährigen Jahrestages seines Ablebens – lag es nahe, im Wintersemester eine Reihe von Masterstudierenden kurz vor ihrem Abschluss in des Werk des großen Franzosen einzuführen. Auf der Basis des ersten Bandes von A la recherche du temps perdu haben wir uns Woche für Woche gemeinsam durch das teils düstere Dickicht von Prousts monumentaler Syntax vorgearbeitet. Es war – insbesondere für die Studierenden – ein anstrengendes, aber auch intensives Semester. Im Folgenden schildern die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Seminars ihre ureigenen Lektüreerfahrungen.

Über uns

Der Soziologe Pierre Bourdieu war sich sicher, dass gute Arbeit nur im kollektiven „Wir“ eines Teams zu fruchtbaren Ergebnissen führt. Wir, das sind die Mitglieder des Teams Literaturwissenschaft der Romanistik am Campus Landau, begeisterte Leser und Leserinnen französischer Literatur und daher Menschen, die das große Glück haben, ihr Hobby zum Beruf machen zu dürfen. Viele der hier veröffentlichten Texte stammen von uns und unseren Studierenden. Außerdem laden wir auch Gastautoren und -autorinnen dazu ein, ihre Liebe zur französischen Literatur mit uns zu teilen.
Das Literaturportal "France 2000" ist Bestandteil des DFG-geförderten Forschungsprojekts "Bourdieus Erben. Zur Rückkehr der Klassenfrage in der französischen Gegenwartsliteratur" (2021-2024).

Mit Unterstützung von

Équipe

Wer steckt hinter diesem Projekt?

Herr Gregor Schuhen, Professor für Romanistik / Literaturwissenschaft
Gregor Schuhen
Professor für Romanistik / Literaturwissenschaft

Meine Liebe zur französischen Literatur wurde bereits in der Schulzeit geweckt. In der Oberstufe mussten wir Madame Bovary von Gustave Flaubert lesen, der mich auch außerhalb des Klassenzimmers beschäftigte – das also sollten die ‚Sitten der Provinz‘ sein? Ich selbst stamme vom Land, kannte also Bauernhöfe, verschlafene Dörfer und triste Kleinstädte. Insgeheim sympathisierte ich mit der rebellierenden Hauptfigur – „Madame Bovary, c’est moi!“ Als mich mein Auslandssemester nach Paris brachte, war es endgültig um mich geschehen – ich las Balzac und Baudelaire, dann Hemingways Paris-Buch und flanierte durch die Straßen, die bereits Eugène de Rastignac erobert hatte und wohnte im Viertel von Vernon Subutex, den ich erst 20 Jahre später kennenlernen sollte. Im weiteren Studium war es dann Proust, der mein Herz eroberte. Ein Jahr lang folgte ich völlig gebannt seiner Suche nach der verlorenen Zeit, dem Glamour und den Abgründen der Belle Époque. Erst seit meinem Wechsel nach Landau habe ich die französische Gegenwartsliteratur für mich entdeckt, die ich sehr viel aufregender finde als vieles, was hierzulande erscheint.

Moritz Heß
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

In meiner Erinnerung gibt es kaum etwas Schöneres, als vorm Einschlafen von meinem Opa selbsterfundene Geschichten erzählt oder von meinen Eltern vorgelesen zu bekommen. So waren Bücher und Geschichten für mich von Anfang etwas, das man zusammen erlebt, etwas, das man teilt.  Auch das stille Lesen und das (nur von außen gesehen einsame) Versinken in eine Erzählung genieße ich sehr. Ebenso viel bedeuten mir aber die sozialen, geselligen Aspekte der Beschäftigung mit Literatur, das gemeinsame Lesen und Interpretieren in Lehrveranstaltungen oder bei Literaturtreffen und der Austausch mit Kolleg:innen und Freund:innen, die ähnlich literaturbegeistert sind wie ich selbst. Mich auf wenige Lieblingsbücher festzulegen, ist gar nicht möglich (würde man mich dazu zwingen, fiele die Wahl wahrscheinlich auf die Vernon Subutex-Trilogie von Virginie Despentes). Besonders begeistert haben mich in letzter Zeit Connemara von Nicolas Mathieu und Echtzeitalter von Tonio Schachinger.

Lars Henk
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Meine Begeisterung für die Literatur weckten, wie für eine Vielzahl der 90er-Kinder, in erster Linie Harry, Ron, Hermine und ihre magischen Mitstreiter*innen in Hogwarts („Hogwarts, Hogwarts, warzenschweiniges Hogwarts“). Die Lektüre von Jostein Gaarders Sofies Welt ließ mich die Philosophie entdecken. In meinem Französisch- und Philosophiestudium an der Universität Siegen beschäftigten mich vor allem der französische Romancier Émile Zola („Je n’ai eu qu’un amour dans la vie, la vérité, et qu’un but, faire le plus de vérité possible“), der französische Phänomenologe Emmanuel Levinas („Rencontrer un homme, c’est être tenu en éveil par une énigme“) und der französische Soziologe Pierre Bourdieu („Il est important, lorsqu’on est jeune philosophe, de savoir ce dont on se prive par sens de la hauteur philosophique“). Wenn ich mich nicht gerade in ein Werk von Bourdieu vertiefe oder eine Laufrunde durch das hügelige Siegerland drehe, schmettere ich Volleybälle in den Sand oder genieße einen Pfälzer Wein mit Blick auf den Wingert.